Katja Schmidt

9. Oktober 2017

geschrieben in ESP-DE Blog

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Seit der Einführung des Ökosystemleistungskonzepts wurden in der Wissenschaft für deren Bewertung vor allem monetäre und biophysikalische Werte herangezogen, während die Integration sozio-kultureller Werte erst in den letzten Jahren breitere Anwendung fand. Da nicht-monetäre, sozio-kulturelle Werte vor allem beim Management von Landschaften eine große Rolle spielen, z.B. um die Motivation von Nutzern zu verstehen, die Entscheidungsakzeptanz von Maßnahmen zu erhöhen, oder um Politikziele zu setzen und den Fortschritt in Richtung dieser Ziele zu messen, wird deren Berücksichtigung in der Landschaftsplanung angestrebt (siehe Europäische Landschaftskonvention, Schottische Landnutzungsstrategie). So zum Beispiel auch in unserem Untersuchungsgebiet, dem Pentland Hills Regionalpark in Schottland, Vereinigtes Königreich.

Abbildung 1: Pentland Hills, Schottland

Da Erhebungsmethoden für sozio-kulturelle Werte von Ökosystemleistungen bislang jedoch wenig erprobt sind, testen wir in unserer Studie verschiedene Bewertungsmethoden und inwieweit diese Landschaftspräferenzen vorhersagen können. Wir identifizieren hierbei Gruppen von Leuten mit ähnlichen Landschaftspräferenzen mit dem neuen, digitalen Visualisierungstool LANDPREF und testen ob sozio-kulturelle Bewertungsmethoden (Punktevergabe an und Gewichtung von Ökosystemleistungen) oder Bewertungsintentionen (persönliches Wohlergehen und das Wohlergehen von anderen) mit diesen Gruppen in Verbindung gebracht werden können. Zudem testen wir, ob ausgewählte NutzerInneneigenschaften, nämlich Alter, Bildungsstand, Aktivitäten während des Besuches und Motivation des Besuches im Regionalpark, mit den Gruppen assoziiert werden können. Zudem, untersuchen wir, ob sich sozio-kulturelle Werte und NutzerInneneigenschaften zum Vorhersagen von Landschaftspräferenzen eignen. Grundlage der Studie war eine NutzerInnenbefragung (n=563) aus dem Jahr 2014, die wir im Pentland Hills Regionalpark durgeführt haben.

In den Pentland Hills können wir fünf Gruppen mit unterschiedlichen Landschaftspräferenzen unterscheiden: Waldliebhaber, Naturliebhaber, Traditionalisten, Multifunktionalisten und aktive Erholungssuchende (Abb.1). Die Bewertung von Ökosystemleistungen fiel je nach Methode und Bewertungsintention sehr unterschiedlich aus. Es standen neun Ökosystemleistungen zu Bewertung: Naturerlebnis, Naturnutzung, Bildung, Natur- und Kulturerbe, Ästhetik, Nahrungsmittelbereitstellung, Regulierung von Schadstoffen, Kohlenstoffbindung und Habitat/ Biodiversität.

Während die Punktevergabe für jede Ökosystemleistung einzeln auf einer Skala von 1 bis 5 erfolgte, erhielten die Mehrzahl der Ökosystemleistungen hohe Werte. Bei der Vergabe von Gewichten, bei der die Befragten gebeten wurden insgesamt 100 Punkte auf die neun zur Auswahl stehenden Ökosystemleistungen zu verteilen, konnten hingegen klare Prioritäten erkannt werden. Hierbei wurden das Naturerlebnis, die aktive Naturnutzung, sowie Habitat/Biodiversität besonders hoch bewertet. Unter der Berücksichtigung des persönlichen Wohlergehens wurden Werte allgemein differenzierter angegeben als Werte unter der Berücksichtigung des Wohlergehens von anderen. Letztere fielen im Allgemeinen höher aus.

Abbildung 2: Landschaftspräferenzen im Pentland Hills Regionalpark

Wir konnten nur wenige sozio-demographische Unterschiede zwischen den Gruppen mit unterschiedlichen Landschaftspräferenzen feststellen, demnach waren Multifunktionalisten allgemein jüngeren Alters und Naturliebhaber allgemein etwas älter. Hinsichtlich der unternommenen Aktivitäten und Motivationen des Besuchs gab es die größten Unterschiede zwischen den Gruppen bei aktivsport- und naturbezogenen Aktivitäten.

Um die Wahrscheinlichkeit zu ermitteln mit der die Befragten den richtigen Landschaftspräferenzgruppen zugeordnet werden können, wurden Bewertungsmethoden, Bewertungsintentionen und NutzerInneneigenschaften herangezogen. Mit den NutzerInneneigenschaften konnte die Gruppenzugehörigkeit zwar am Zuverlässigsten aber dennoch nur unzureichend (mit weniger als 50%) erklärt werden. Weder durch die verschiedenen sozio-kulturellen Bewertungsansätze noch die unterschiedlichen Bewertungsintentionen konnte die Zuordnung zu den verschiedenen Gruppen besser erklärt werden.

In unserer Untersuchung sind sozio-kulturelle Werte von Ökosystemleistungen demnach überraschenderweise sehr ähnlich zwischen den Gruppen verschiedener Landschaftspräferenzen verteilt. Wir erklären dies damit, dass die Bereitstellung vieler Ökosystemleistungen an eine bestimmte Landnutzung gebunden ist, dennoch kann eine bestimmte Landnutzung mehrere Ökosystemleistungen bereitstellen. Demnach werden die prioritisierten Ökosystemleistungen nicht unbedingt durch die andersartigen Landnutzungen (Landschaften) aufs Spiel gesetzt. Zum Beispiel wurden dem Naturerlebnis besonders hohe Werte zugemessen sowohl von Befragten, die der Gruppe der Waldliebhaber als auch von denen, die den Multifunktionalisten zugeordnet wurden. Demnach nehmen wir an, dass die Befragten aus beiden Gruppen Natur in der von ihnen präferierten Landschaft erleben können, obgleich sich die Landschaften z.B. hinsichtlich technischer Strukturen (Windräder) stark unterscheiden.

Ansprechpartnerin:

Katja Schmidt ist Doktorandin in der Gruppe Landschaftsmanagement am Institut für Erd- und Umweltwissenschaften an der Universität Potsdam mit Interesse an Mensch- und Naturbeziehungen. Die Studie wurde im Rahmen des EU FP7 Projektes OPERAs  durchgeführt. E-Mail: schmikat@uni-potsdam.de

Publikation (open access):

Schmidt, K., Walz, A., Martín-López, B., Sachse, R., 2017, Testing socio-cultural valuation methods of ecosystem services to explain land use preferences, Ecosystem Services 26:270-288. doi: 10.1016/j.ecoser.2017.07.001 

 

Erklären sozio-kulturelle Werte von Ökosystemleistungen auch Landschaftspräferenzen?

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