Claudia Sattler

18. Dezember 2018

geschrieben in Alle Neuigkeiten, ESP-DE Blog

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Im Rahmen eines ‚Special Issues‘ für die Zeitschrift ‘Ecosystem Services’ haben wir uns mit der Frage beschäftigt, welche Methoden derzeit eigentlich zur Untersuchung unterschiedlicher Governanceansätze zum Management von Ökosystemleistungen eingesetzt werden. Dazu haben wir mittels eines Literaturscreenings und -reviews gezielt 67 englischsprachige Veröffentlichungen ausgewertet. Neben den eingesetzten Methoden haben uns zwei weitere Fragen interessiert: welche Art von Studien bisher veröffentlicht wurden und welches Verständnis von Governance in diesen Studien zugrunde gelegt wurde.

Unsere Auswertung ergab, dass die Studien insgesamt thematisch sehr divers sind und dass Veröffentlichungen in diesem Themenbereich in den letzten Jahren stark zugenommen haben. Insbesondere Wissenschaftler aus dem globalen Norden, vor allem aus Europa und Nordamerika publizierten zu diesem Thema.

In Bezug auf die Frage zur Art der bisher veröffentlichten Studien (siehe dazu Abbildung 1) ließ sich feststellen, dass es wesentlich mehr Untersuchungen zu Landökosystemen als zu Küsten- und Meeresökosystemen gibt und gleichzeitig mehr Studien in ruralen als in urbanen Landschaftskontext.

Abbildung 1: Anteil der Studien in Prozent, die ihren Schwerpunkt setzen auf: a) Land- vs. Küsten- und Meeresökosysteme, b) Rurale vs. urbane Landschaftskontexte, bzw. unterschiedliche räumliche und zeitliche Skalenebenen betrachten: c) Einbezogene räumliche Skalen, d) eingezogene zeitliche Skalen.

Auffällig war auch der ganzheitlichere Ansatz, da in der Regel mehrere bzw. ganze Bündel an Ökosystemleistungen untersucht wurden und weniger einzelne Ökosystemleistungen. Schaut man auf die untersuchten Governancelösungen, wurden sowohl hierarchische (basierend auf Ordnungsrecht), marktwirtschaftliche (basierend auf finanziellen Anreizen, wie zum Beispiel ‚Payments for Ecosystem Services‘, PES) als auch gemeinschaftliche (basierend auf zivilgesellschaftlichem Engagement) Ansätze untersucht, wobei marktwirtschaftliche und auch hybride Governancelösungen, die aus einem Mix an unterschiedlichen Governanceansätzen beruhen, mehr Aufmerksamkeit fanden. Je nach untersuchtem Typ, standen unterschiedliche Governance-Herausforderungen im Fokus der Analyse: Für gemeinschaftliche Governancelösungen lag der Schwerpunkt vor allem auf der Untersuchung, wie die unterschiedlichen Akteure miteinander interagieren, während bei markt-basierten Ansätzen das Augenmerk mehr auf der Komplexität institutioneller Lösungen lag, da solche Ansätze oft gut in bereits bestehende ordnungsrechtliche Ansätze eingepasst werden müssen, damit sie funktionieren.

Was die Frage zum bestehenden Verständnis von Governance angeht, so bezogen sich die meisten Studien auf Begriffe und Definitionen von Governance, die für das untersuchte Thema am relevantesten waren (z.B. Bezug zu ‚Multi-Level Governance‘, bei Einbeziehung von Skaleneffekten in die Untersuchung), wobei häufig aber auf mehrere Begrifflichkeiten gleichzeitig Bezug genommen wurde (z.B. zusätzlich auf ‚Poly-Centric Governance‘, da bei mehrskaligen Governancelösungen in der Regel auch mehrskalige Strukturen für die Entscheidungsfindung notwendig sind). Insgesamt wurde eine Vielzahl an unterschiedlichen Governance-Begriffen verwendet, die allerdings oft nicht klar definiert und je nach Kontext auch unterschiedlich interpretiert wurden. Dies ist einerseits ein Vorteil, da sich so der spezifischen Governanceproblematik einer Studie aus einer möglichst kontextgenauen Perspektive genähert werden kann, gleichzeitig aber auch ein Nachteil, da keine Vergleichbarkeit zwischen den Studien mit unterschiedlicher Auslegung des gleichen Begriffs gegeben ist.

Im Hinblick auf die Frage zu den eingesetzten Methoden, konnten wir eine große Vielzahl sowohl qualitativer als auch quantitativer Methoden ermitteln. Zu den qualitativen Methoden zählten insbesondere interviewbasierte Methoden, Fokusgruppen, teilnehmende Beobachtung sowie auch Diskurs-, Medien-, Literatur und ganz allgemein Dokumentanalyse (z.B. von Gesetzestexten, etc.). Quantitative Methoden umfassten unter anderen den Einsatz von Geografischen Informationssystemen (GIS) zur räumlichen Verortung von Ökosystemleistungen (‚Ecosystem Services Mapping‘), quantitative Umfragen (entweder persönliche Umfragen oder Online-Umfragen), Ökonomische und Verhaltensexperimente (z.B. Choice-Experimente oder ‚Contingent Valuation‘), sowie auch computerbasierte Modellierung. Zu den gemischten qualitativ-quantitativen Methoden zählten unter anderem systematische Literaturauswertungen und Methoden der Sozialen Netzwerkanalyse.

Insgesamt am häufigsten wurden qualitative Methoden verwendet, häufig auch als Methodenmix zusammen mit weiteren qualitativen oder quantitativen Methoden, um die Vorteile einzelner Methoden durch Triangulation zu kombinieren. Was die betrachteten räumlichen und zeitlichen Skalen anbetrifft (vergleiche dazu Abbildung 1), wurden sehr häufig mehrere Skalen in die Untersuchung einbezogen, was die Bedeutung von ‚Multi-Level-Governance‘-Ansätzen betont, wobei die meisten Studien einen statischen Ansatz wählten (d.h. nur ein konkreter Zeitpunkt wurde betrachtet) und nur sehr wenige Studien eine dynamische Analyse wählten (d.h. mehre Zeitpunkte oder ganze Zeitreihen wurden betrachtet). Es bestand ein Unterschied in den eingesetzten Methoden in Abhängigkeit von den betrachteten Governance-Herausforderungen: So wurden z.B. vermehrt qualitative Methoden zur Untersuchung der Herausforderung ‚Fragmentierung von Wissen‘ eingesetzt (z.B. in dem Sinn, das verschiedene Akteure über unterschiedliche Wissenskomponenten verfügen, die alle zur Lösung eines Problems benötigt werden). Das gleiche galt in Bezug auf den untersuchten Typ von Governance: So wurden insbesondere zur Untersuchung von hybriden Governancelösungen oft auf einen Methodenmix zurückgegriffen. Schließlich wurde die Methodenwahl auch thematisch geleitet: so wurde beispielsweise häufig Soziale Netzwerkanalyse zur Untersuchung von Akteursnetzwerken eingesetzt oder GIS-basierte Methoden zur räumlichen Analyse des Angebots und der Nachfrage von Ökosystemleistungen.

Insgesamt wurden wenig partizipative Methoden eingesetzt, welche die Einbeziehung von Stakeholdern ermöglichen. Ebenfalls eher selten wurden dynamische Ansätze angewendet, welche es erlauben die Anpassungen von Governanceansätzen als Reaktion auf veränderte Umwelt- und Rahmenbedingungen zu untersuchen.

Die Einzelbeiträge im Special Issue stellen detailliert eine Reihe von interessanten Methoden vor und weisen auch auf deren spezifische Stärken und Schwächen hin. Die vorgestellten Methoden umfassen u.a. Qualitative Comparative Analysis (QCA), Stated Preference Analysis, Contingent Valuation, Ökonomische Experimente, Partizipative Soziale Netzwerkanalyse, Rollenspiele sowie Ökosystemmodelierung basierend auf dem InVEST-Ansatz.

Autorin:

Claudia Sattler ist Mitglied der Arbeitsgruppe ‚Governance von Ökosystemleistungen‘ am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e.V. (ZALF) in Müncheberg. Ihre Forschungsschwerpunkte sind gemeinschaftliche und marktbasierte Governancelösungen. Einen besonderen Fokus in ihrer Arbeit legt sie auf die Untersuchung der Interaktion von Governanceakteuren und ihren jeweiligen Rollen.

Veröffentlichung:

Sattler, C., Loft, L., Mann, C., Meyer, C. (2018) Methods in ecosystem services governance analysis: An introduction. Ecosystem Services 34 (part B): 155–168. https://doi.org/10.1016/j.ecoser.2018.11.007.

Governance von Ökosystemleistungen: eine Bestandsaufnahme eingesetzter Methoden

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