Dagmar Haase, Katharina Lampe und Manuel Wolff

10. September 2018

geschrieben in Alle Neuigkeiten, Erfassen und Bewerten (MAES-DE), ESP-DE Blog

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Grünflächen in der Stadt sind wichtige, manchmal die einzigen Erholungsmöglichkeiten für Stadtbewohner, gerade an heißen Sommertagen, das hat uns der Sommer 2018 eindrucksvoll gezeigt. Die Erholungsleistungen von Parks oder Gärten zum Beispiel sind in erster Linie abhängig von deren Größe, dem Baumbestand und der Verschattung, der Diversität und dem Design aber eben auch von ihrer Zugänglichkeit. Ist der Park oder der Garten gut erreichbar für große Teile der Bevölkerung, zum Beispiel mit öffentlichen Verkehrsmitteln und in vertretbarer Zeit (etwa bis zu 30 Minuten)? Dieser Frage widmet sich schon eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Artikeln; es werden Distanzen ermittelt vom Wohnort zur Grünfläche als auch die Diversität des Grüns bewertet mit verschiedenen multikriteriellen Modellen.

Was eher selten betrachtet wird sind Barrieren des Zugangs zu Grünflächen, die an sich öffentlich und für jeden erreichbar sind. So weisen zum Beispiel die mit Pufferanalysen gerechneten als auch der Manhattan-Metrik folgenden Erreichbarkeitsmodelle eines Geographischen Informationssystems die Umgrenzung einer jeweiligen Grünfläche als „erreichbar“ aus, obwohl diese Umgrenzung tatsächlich nicht zugänglich ist bzw. eine Barriere darstellt wie etwa ein Zaun, ein Fluß oder Gebäudeverbände. Daher ist die Betrachtung von Barrieren in und auf öffentlichen Grünflächen ein ganz wichtiges und bisher wenig beachtetes Thema im Bereich der kulturellen und regulativen Ökosystemleistungen.

Abbildung 1: Darstellung der physischen Barrieren im Landschaftspark Herzberge, Berlin. Copyright: Katharina Lampe und Dagmar Haase

Eine Pilotstudie in Berlin hat sich eines neuen, noch in Entwicklung befindlichen Konzepts von physischen, mentalen und institutionellen Barrieren zu und auf urbane Grünflächen bedient, welche gemeinsam mit KollegInnen im Biodiversa-Projekt ENABLE (Enabling Green and Blue Infrastructure Potential in Complex Social-Ecological Regions) entwickelt wird. Ein Katalog erster Indikatorkatalog verschiedener Barrieren wurde auf den Landschaftspark Herzberge in Berlin angewendet und die physischen Barrieren für vier verschiedene Grün- und Freiflächentypen bei guter Erreichbarkeit durch den ÖPNV (S-Bahn, Bus, Tram) ermittelt. Das Ergebnis ist bemerkenswert (Abbildung 1): Große Teile der Kleingartenanlagen und des Sportplatzes sind durch Zäune und Mauer nicht zugänglich (weniger als 16% der Umgrenzung). Selbst der große zentrale Park ist zu einem Drittel nicht direkt zugänglich, längere „Umlaufwege“ müssen hier in Kauf genommen werden. Am besten erreichbar ist der Friedhof Friedrichsfelde mit 95% Zugänglichkeit. Nun kann man argumentieren, dass 67% zugänglicher Parkumgrenzung noch akzeptabel sind. Jedoch liegen die Zutrittsstellen zum Teil weit auseinander, weiter als die in Erreichbarkeitsanalysen als Orientierungswert verwendete „Handley-Distanz“ von 300 Metern. Damit ist der Park eben nicht mehr gut erreichbar – der Sportplatz ist nach dieser Maßgabe komplett unerreichbar.

In den folgenden Analysen sollen mentale und mögliche institutionelle (Eigentumsrecht, Öffnungszeiten, Schutzstatus etc.) im Landschaftspark Herzberge näher betrachtet werden und schlussendlich alle drei Typen von Barrieren zusammengeführt werden, um die Erreichbarkeit und damit die Funktion unserer urbanen Grünflächen für die Bewohner noch besser zu verstehen.

Ansprechpartner:

Dagmar Haase, Geographisches Institut, Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, Germany oder Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Department Landschaftsökologie, Permoserstraße 15, 04318 Leipzig, dagmar.haase@ufz.de

 

Unerreichbar nah – Barrieren in der Erreichbarkeit urbaner Grünflächen

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