Nils Droste

29. Oktober 2018

geschrieben in Alle Neuigkeiten, ESP-DE Blog

Schlagwörter:

Oder: was können uns Algorithmen über Inhalte erzählen?

Bisher war in der Ökosystemleistungsforschung häufig davon die Rede, dass insbesondere zwei Perspektiven dominieren: Ökologie und Ökonomie (siehe beispielsweise den Überblicksartikel von Abson et al. 2014). Nachdem wir eher zufällig über einen Algorithmus maschinellen Lernens gestolpert waren, der Inhalte von Texten nach Themen sortiert (Blei et al. 2003), haben wir diesen benutzt, um die bislang größte Sammlung von Ökosystemleistungsartikeln nach ihren Themen zu sortieren und uns die Inhalte genauer anzuschauen (Droste et al. 2018). Im Prinzip erfasst der Algorithmus, der Latente Dirichlet Allokation (LDA) heißt (nach der Wahrscheinlichkeitsverteilung, die benutzt wird), Themen als Gruppen von Wörtern die häufig zusammen auftauchen.

Wir haben die Web of Science Datenbank nach “ecosystem service*” durchsucht (und etwas nachsortiert), so dass wir knapp über 14,000 Artikel und ihre Zusammenfassungen in unserer Datenbank hatten. Die Zusammenfassungstexte haben wir dann an den Algorithmus füttert. Die Anzahl der Themen haben wir, um eine Vergleichbarkeit mit Abson et al. (2014) zu gewährleisten, auf neun festgesetzt. Zudem haben wir die Literaturdatenbank noch nach Perioden eingeteilt, um Entwicklungen über die Zeit nachzeichnen zu können (grob nach Chaudhary et al. 2015). Die Ergebnisse können Open Access in PLOS One (hier) nachgelesen werden, oder interaktiv erkundet werden (hier).

Visualisiert haben wir die Ergebnisse wie folgt (Droste et al. 2018):

Dabei verdeutlicht die Höhe der Boxen pro Zeitraum die relative Verteilung der Artikel über die Themen. Außen vorgelassen wird dabei, dass die Anzahl der Artikel über die Zeit stark zunimmt. Ein Vergleich der Höhe zwischen Zeiträumen lässt sich also nicht einfach ablesen. Die Verbindungen zwischen den Themen haben wir erfasst, in dem wir Schlüsselworte, die die Themen charakterisieren, über die Zeiträume hinweg nachverfolgt haben (so taucht der Wortstamm „agricultur“ beispielsweise häufig in den Themen „conservation“, „agriculture“, „governance“, „soils“ und „pollination“ auf).

Beobachten lässt sich dabei unter anderem,

  1. dass naturwissenschaftliche Ökosystemleistungsforschung einen recht konstanten Anteil über die Zeit aufweist (u.a. Forst, Boden, Bestäubung, Süßwasser, und Ozeane) und
  2. dass sozialwissenschaftlichen Ökosystemleistungsforschung sich inhaltliche verändert (von ökonomischer Bewertung und Managementansätzen über einen Zwischenschritt selbstreflektierender Forschung zur Rolle der Wissenschaft in der Ökosystemleistungsforschung hin zu „governance“ und integrierter Bewertung).

Gemessen an der Anzahl der Artikel (und nicht am Einfluss der Artikel wie bspw. Zitierungen!), scheint Ökologie also durchaus eine starke Rolle spielen, aber die sozialwissenschaftliche Ökosystemleistungsforschung hat sich deutlich in Richtung integrativer, politik-orientierter Beiträge entwickelt. Damit gibt es zumindest Hinweise darauf, dass heutige Ökosystemleistungsforschung vielleicht weniger ökonomisch geprägt ist, als vielfach angenommen wird.

Literatur:

Abson, D.J., von Wehrden, H., Baumgärtner, S., Fischer, J., Hanspach, J., Härdtle, W., Heinrichs, H., Klein, A.M., Lang, D.J., Martens, P. and Walmsley, D., 2014. Ecosystem services as a boundary object for sustainability. Ecological Economics, 103, pp.29-37. doi: 10.1016/j.ecolecon.2014.04.012

Blei, D.M., Ng, A.Y. and Jordan, M.I., 2003. Latent Dirichlet Allocation. Journal of machine Learning research, 3(Jan), pp.993-1022. pdf-link

Chaudhary, S., McGregor, A., Houston, D. and Chettri, N., 2015. The evolution of ecosystem services: a time series and discourse-centered analysis. Environmental Science & Policy, 54, pp.25-34. 10.1016/j.envsci.2015.04.025

Veröffentlichung:

Droste, N., D’Amato, D. and Goddard, J.J., 2018. Where communities intermingle, diversity grows–The evolution of topics in ecosystem service research. PLOS One, 13(9), p.e0204749. doi: 10.1371/journal.pone.0204749

Persönliche Info:

Nils Droste ist Post-Doc am Zentrum für Umwelt- und Klimaforschung, Lund University, und arbeitet zu Versicherungswerten von Bodenvielfalt gegenüber Klimawandel, im Speziellen, und Landnutzungspolitiken, im Allgemeinen.

 

Wie sich die Ökosystemleistungsforschunglandschaft verändert hat

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte, dass Kommentare gemäß unseren Richtlinien für Kommentare moderiert werden.
Ich habe die Bedingungen der Datenschutzerklärung gelesen und stimme zu *