Uta Schirpke

2. Mai 2019

geschrieben in Alle Neuigkeiten, ESP-DE Blog

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Ökosystemleistungen werden zunehmend in Entscheidungsprozesse einbezogen, auch um die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Ökosystemleistungen und Nachhaltigkeit sind beides Konzepte, die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt berücksichtigen, aber die räumlichen Beziehungen zwischen Ökosystemleistungen und Nachhaltigkeit sind selten im Fokus der Forschung. Daher haben wir in einer Studie räumliche Übereinstimmungen und Diskrepanzen zwischen Ökosystemleistungen und Nachhaltigkeit für den größeren Alpenraum analysiert.

Zuerst wurden acht für den Alpenraum wichtige Ökosystemleistungen quantifiziert und auf Gemeindeebene kartiert, wobei zwischen Angebot (supply), Nachfrage (demand) und aktuellem Nutzen (flow) unterschieden wurde. Zu den Ökosystemleistungen gehörten Trinkwasser, Grünfutter, Brennholz, Reinigung von Oberflächenwasser, Schutz vor Naturgefahren, Kohlenstoffspeicherung, Erholung im Freien als auch symbolische Pflanzen und Tiere. Die räumliche Verteilung der Nachhaltigkeit wurde auf Basis von 24 Indikatoren kartiert, die zu einem Index zusammengefasst wurden (Abbildung 1). Mithilfe von Hotspot- und Überlappungsanalysen haben wir dann die Karten von Angebot, Nachfrage und aktuellem Nutzen der ÖSL mit der räumlichen Verteilung der Nachhaltigkeit ausgewertet.

Abb. 1: (a) Räumliche Verteilung von Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene und (b) Hotspots and Coldspots der Nachhaltigkeit.

Die Ergebnisse zeigen, dass Angebot und Nachfrage bei den meisten Ökosystemleistungen räumlich weit auseinanderliegen (Abbildung 2). Dies spiegelt sich auch in der räumlichen Verteilung von Nachhaltigkeit wider. Im Gegensatz zu Gebieten mit hohem Bedarf an Ökosystemleistungen weisen Gebiete mit einem hohen Angebot im Allgemeinen ein hohes Nachhaltigkeitsniveau auf, insbesondere in Umweltbereich. Aufgrund von Diskrepanzen in der sozialen und wirtschaftlichen Dimension kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass diese Hotspots von Ökosystemleistungen auch immer einer hohen Nachhaltigkeit entsprechen. Hotspots von Ökosystemleistungen, die sich nicht mit Nachhaltigkeitshotspots überschneiden, sind hauptsächlich in Gebieten mit einem höheren Waldanteil oder in geschützten alpinen Lebensräumen zu finden. Dies gilt für Angebot, Nachfrage und aktuellem Nutzen. Bei dem Angebot umfassen diese Abweichungen neben naturnahen Räumen auch Gebiete mit intensivem Grünlandmanagement. Obwohl diese Bereiche in der Umweltdimension überdurchschnittliche Werte aufweisen, liegen einige soziale oder wirtschaftliche Indikatoren unter dem Durchschnitt. Bei der Nachfrage treten diese Abweichungen besonders in stark urbanisierten Regionen auf, bei einer hohen Gesamtbeschäftigungsquote, einer negativen Auspendlerquote und einer geringen Haushaltsgröße. Beim aktuellen Nutzen zeigen hauptsächlich ländliche Gebiete (mit großen Viehgrößeneinheiten und hohen Altersquoten), also eher wirtschaftlich schwache Regionen, die größten Abweichungen zwischen Ökosystemleistungen und Nachhaltigkeit.

Abb. 2: Räumliche Verteilung der Hotspots für Angebot, Nachfrage und aktuellem Nutzen von acht verschiedenen Ökosystemleistungen im Alpenraum (grün und gelb) sowie die räumliche Überlappung mit Nachhaltigkeits-Hotspots (grün). Gelbe Bereiche haben ein niedrigeres Nachhaltigkeitsniveau.

Daher bietet die Verwendung von Ökosystemleistungsindikatoren zur Messung von Nachhaltigkeit nur begrenzte Einblicke. Dies gilt insbesondere für ländliche und stark urbanisierte Gemeinden, in denen wir die größten Ungleichgewichte zwischen Ökosystemleistungen und Nachhaltigkeit gefunden haben. Diese Indikatoren allein geben außerdem keine Informationen darüber, ob die Ökosysteme nachhaltig genutzt werden und ob das sozioökonomische Wohlbefinden auf lokaler und regionaler Ebene positiv beeinflusst wird. Daher ist eine Verbesserung der Bewertung von Ökosystemleistungen ist erforderlich, um die menschliche Dimension besser zu erfassen und Nachhaltigkeitsnormen zu berücksichtigen. Beide Konzepte sollten derzeit ergänzend angewendet werden, um ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte in Planungsprozessen entsprechend zu berücksichtigen. 

Autorin

Uta Schirpke arbeitet am Institut für Ökologie der Universität Innsbruck und beim Institut für Alpine Umwelt (Eurac Research, Italien) mit Forschungsschwerpunkt Ökosystemleistungen. Sie konzentriert sich auf die Modellierung und Analyse von räumlichen und zeitlichen Entwicklungen von Ökosystemen und Ökosystemleistungen.

Kontakt: uta.schirpke@eurac.edu

Veröffentlichung

Schirpke, U.; Egarter Vigl, L.; Tasser, E.; Tappeiner, U. Analyzing Spatial Congruencies and Mismatches between Supply, Demand and Flow of Ecosystem Services and Sustainable Development. Sustainability 201911, 2227.

https://www.mdpi.com/2071-1050/11/8/2227

Weitere Informationen

Projekt AlpES (Alpine Ecosystem Services – mapping, maintenance, management) http://www.alpine-space.eu/projects/alpes/en/home

Analyse räumlicher Übereinstimmungen und Diskrepanzen zwischen Angebot, Nachfrage und aktuellem Nutzen von Ökosystemleistungen und nachhaltiger Entwicklung

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