Das Konzept der Ökosystemdienstleistungen (Ecosystem Services) findet Anwendung in vielen Forschungsbereichen und erfreut sich immer größerer Beliebtheit in der Forschungsgemeinschaft. Doch was ist Kern dieses allseits verwendeten Konzepts und gibt es ein gemeinsames Verständnis darüber, was es bedeutet, wozu es dient, wie es angewendet wird? In unserem Artikel „Identifying Five Different Perspectives on the Ecosystem Services Concept Using QMethodology“, beschreiben wir eine Analyse verschiedener Perspektiven auf das Konzept der Ökosystemdienstleistungen mithilfe der QMethodologie.
Durch einen Mix aus qualitativer Erhebung von sogenannten Qsorts – der Sortierung verschiedener Aussagen zu Ökosystemdienstleitungen nach ihrer Bedeutung für den jeweiligen Teilnehmer – und deren quantitativer Auswertung mithilfe des statistischen Programms R, konnten wir fünf verschiedene Perspektiven ermitteln und benennen. Sie unterscheiden sich insbesondere in wertebasierten Aspekten – hat Natur einen intrinsischen Wert? Ist eine utilitaristische Herangehensweise sinnvoll? Inwiefern kann man Natur einen monetären Wert zuschreiben? Wir konnten also eindeutige Unterschiede in der Wahrnehmung feststellen, aber was bedeutet das für die erfolgreiche Operationalisierung des Konzepts?
Unsere Analyse führt uns nicht zu dem Schluss, dass ein einheitliches Verständnis von Ökosystemdienstleitungen entscheidend oder überhaupt erstrebenswert ist. Eine gewisse Pluralität in Verständnissen ist nach Angabe der Teilnehmer und der Literatur zufolge sogar wünschenswert. Nur dann kann das Konzept als „boundary object“, also als gemeinsames Bezugsobjekt zwischen unterschiedlichen Anspruchsgruppen, fungieren und Kollaboration durch eine absichtlich vage gehaltene Definition ermöglichen. Und trotzdem, implizite Differenzen und unterschiedliche Annahmen sind nicht gleichzusetzen mit einem wünschenswerten Pluralismus. Um Letzteres gezielt zu fördern, muss Transparenz geschaffen und eine deliberative Praxis im Umgang mit unterschiedlichen Wertannahmen ermöglicht werden. Nur so können unterschiedliche Perspektiven im Sinne eines Pluralismus von Verständnissen als Chance und nicht als Barriere wahrgenommen werden. Unter der Bedingung dieser Transparenz kann das Konzept der Ökosystemdienstleistungen einen wichtigen Beitrag zu einem nachhaltigen Ökosystem-Management leisten.
Publikation (frei zugänglich):
Hermelingmeier, V., and Nicholas, K. A. (2017). Identifying Five Different Perspectives on the Ecosystem Services Concept Using Q Methodology. Ecol. Econ. 136, 255–265. doi:10.1016/j.ecolecon.2017.01.006.
Ansprechpartnerin:
Verena Hermelingmeier hat ihre Forschung zu Ökosystemdienstleistungen ursprünglich im Rahmen ihrer Masterarbeit im M.Sc. Environmental Studies and Sustainability Science an der Lund University, Schweden, unternommen und vor Kurzem als Artikel in Ecological Economics veröffentlicht. Seit 2014 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie mit dem Schwerpunkt Transformationswissenschaften und erarbeitet Trainingsprogramme zur Förderung einer „Transformative Literacy“. Im Juni 2017 beginnt sie ihre Promotion als Teil einer SÖF Nachwuchsgruppe vom Wuppertal Institut und der Universität Wuppertal zum Thema Urban Sharing. In ihrem Teilbereich wird sie sich insbesondere mit Geschäftsmodellen auseinandersetzen. Neben ihrer Forschungsarbeit ist Verena freiberufliche Trainerin für Design Thinking.