Mike Baude

14. Februar 2019

geschrieben in Alle Neuigkeiten, ESP-DE Blog

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Landschaftsstrukturen und Ökosystemleistungen in Agrarräumen haben sich über die letzten 250 Jahre fundamental verändert. Dabei haben Geschwindigkeit und Intensität dieser Veränderungsprozesse vor allem in den letzten 50 Jahren rasant zugenommen. Die Analyse der Landschaftsstruktur für vier Zeitschnitte (1750, 1850, 1950, 2005) hat eine Zunahme des Anteils der Ackerfläche von 73,4 % (1750) auf 87,2 % (2005) in einer heutigen Intensivagrarlandschaft im Raum Leipzig gezeigt. Gleichzeitig hat der Anteil an Grünflächen von 22,1 % auf 4,2 % abgenommen. Die Analyse ausgewählter bodenbezogener Ökosystemleistungen basierte auf den Indikatoren Getreideproduktion, natürliches Ertragspotential des Bodens, Bodendegradation durch Erosionsgefährdung und Biodiversität. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die Produktion von Winterweizen seit 1750 nicht nur durch den Flächenzuwachs, sondern auch durch veränderte Produktionsmechanismen und den Einsatz von Mineraldüngern und Pestiziden deutlich angestiegen ist (>200 %). Auf Basis historischer Bodenbonitierungen und EROSION 3D-Modellierung konnte berechnet werden, dass sich das natürliche Ertragspotential der Böden verschlechtert und das Erosionsrisikopotential vergrößert hat. Die Biodiversität ist zwischen 1750 und 1850 zunächst durch die veränderte Landnutzung gestiegen (mehr Habitatvielfalt) und nimmt mit Beginn der industriellen Revolution leicht ab. Seit der Vollkollektivierung 1960 und der damit einhergehenden massiven Veränderung der Habitat- und Vegetationsstrukturen nimmt die Biodiversität dramatisch ab. Die Ergebnisse ab dem Zeitschnitt 1950 sind für intensiv genutzte Agrarräume ehemaliger Staaten Osteuropas unter sowjetischem Einfluss in zahlreichen Studien belegt worden und können als typische Landschaftsveränderung bezeichnet werden.

Die historisch-ökologische Landschaftsanalyse basierte auf digitalisierten historischen und gegenwärtigen Katasterkarten, Luftbildern, Chroniken, Liegenschaftsdokumenten und Bodenbonitierungen von 1864 und 1937. Obwohl historische Daten hinsichtlich ihrer Aussagekraft kritisch geprüft werden müssen, stellen sie eine sehr nützliche Quelle für zahlreiche unterschiedliche  Landschaftsanalysen dar, die in vielerlei Hinsicht noch einige ungenutzte Potentiale enthält.

Eine Vielzahl an kulturellen und gesellschaftspolitischen Entwicklungen hat zu Änderungen in der Landnutzung und den damit induzierten Veränderungen von Landschaftsstruktur und Ökosystemleistungen geführt. Für das Untersuchungsgebiet sind hier vor allem die Preußischen Agrarreformen, die Industrialisierung, die Vollkollektivierung der Agrarbetriebe nach sowjetischem Vorbild und die heutige europäische Agrarpolitik zu nennen. Auch in Zukunft wird die Landnutzung von gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen und technischen Innovationen sowie weiteren Faktoren wie Klimaveränderung entscheidend beeinflusst werden.

Für eine zukünftige nachhaltige Landnutzung besteht weiterhin großer Forschungsbedarf bei der Analyse der Wechselwirkungen zwischen den vielfältigen Rahmenbedingungen, die die Landnutzung beeinflussen, und sich dadurch verändernder Landschaftsstrukturen und Ökosystemleistungen.

Publikationen:

Baude, M., Meyer, B. C., Schindewolf, M. (2019). Land use change in an agricultural landscape causing degradation of soil based ecosystem services. Science of the Total Environment, 659, pp. 1526-1536. DOI: https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2018.12.455

Baude, M. & B. C. Meyer (2012). Changes of landscape structure and soil production function since the 18th century in northwest Saxony. Journal of Environmental Geography, Vol. III, No. 1-4, pp. 11-23.

Baude, M. & B. C. Meyer (2008): Landschaftsentwicklung im Kontext gesellschaftlicher und ökonomischer Veränderungen im Raum Taucha-Eilenburg. Mitteilung des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz e. V., Band 2, S. 16-22.

Verfasser:

Mike Baude ist Doktorand an der Universität Leipzig, Institut für Geographie und beschäftigt sich mit historisch-ökologischen Landschaftsanalysen, bei denen der Einfluss sich verändernder Landnutzung auf Landschaftsstrukturen und –Prozesse sowie Ökosystemdienstleistungen in unterschiedlichen Ökosystemen im Vordergrund steht.

Einfluss von Landnutzungsänderungen auf bodenbezogene Ökosystemleistungen und Landschaftsstrukturen in den letzten 250 Jahren – Untersuchungsergebnisse aus einer heutigen Intensivagrarlandschaft im Raum Leipzig

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