Tobias Börger

18. April 2017

geschrieben in ESP-DE Blog

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Als Reaktion auf den stetig zunehmenden Bedarf, Umweltschutzmaβnahmen im Küsten- und Meeresbereich vor ihrer Einführung einer Kosten-Nutzen-Analyse zu unterziehen, steigt auch die Nachfrage nach ökonomischen Umweltbewertungsstudien. Dies ist z.B. für Maβnahmen der Fall, die unter der Meeresstrategierahmenrichtlinie der EU oder im Rahmen nationaler Meeresplanungsverfahren durchgeführt werden. Da jedoch viele der Auswirkungen von Umweltschutzmaβnahmen, wie beispielsweise der Schutz gewisser Tierarten oder die Bereitstellung von Ökosystemdienstleistungen, aus Sicht der Bevölkerung Wohlfahrtsgewinne generieren, die nicht in Märkten gehandelt werden und somit keine Preise haben, müssen alternative Methoden zur Bewertung dieser Maβnahmen verwendet werden. Von Umweltökonomen bereits seit Jahrzehnten angewandt und methodisch verfeinert, erfahren vor allem umfragegestützte Ansätze, namentlich die Kontingente Evaluierungsmethode und sogenannte Choice Experiments, mittlerweile auch in der Meeres- und Küstenforschung verstärkt Anwendung. Dabei wird eine repräsentative Stichprobe von Bürgern zu einem Meeres- oder Umweltschutzthema befragt. Teil der Befragung ist die Vorstellung einer konkreten Umweltschutzmaβnahme mitsamt einem Hinweis darauf, wie deren Umsetzung finanziert werden soll. Danach werden die Befragten gebeten, anzugeben, wieviel sie maximal bereit sind, für die Umsetzung dieser Maβnahme zu zahlen. In Choice Experiments wird alternativ gefragt, welcher Maβnahmenkatalog aus einer Reihe von alternativen Maβnahmen der Befragte bevorzugt. Aus diesen Zahlungsbereitschafts- bzw. Auswahlantworten errechnen Umweltökonomen dann den Gesamtwert der vorgeschlagenen Maβnahmen.

Ein neuer Beitrag in der Zeitschrift Estuarine, Coastal and Shelf Science argumentiert, dass für solche Bewertungsstudien interdisziplinäre Teams und eine enge Zusammenarbeit von Meeresforschern und Umweltökonomen unabdingbar seien. Dabei falle es Natur- und Meereswissenschaftlern zu, für die exakte Bestimmung der Auswirkungen von Schutzmaβnahmen sowie den Einfluss dieser Veränderungen auf die Bereitstellung von Ökosystemdienstleistungen zu sorgen. Diese Ergebnisse werden dann von Umweltökonomen aufgegriffen, um sie monetär zu bewerten und diese Werte, zur Nutzung in einer Kosten-Nutzen-Analyse, über die gesamte betroffene Bevölkerung hinweg zu aggregieren. Dabei soll angemerkt werden, dass ‘Bewertung’ in diesem Sinne bedeutet, den Beitrag der geschützten Ökosystemdienstleistungen auf die Wohlfahrt der betroffenen Bürger zu quantifizieren. Ökonomen sprechen hier von ‘Nutzen’.

Zur Illustration dieses Aufrufs zu engerer Zusammenarbeit über Fachgrenzen hinweg, bespricht der Beitrag drei Bewertungsstudien, die im Rahmen des EU-Projekts VECTORS zwischen 2011 und 2015 durchgeführt wurden. In der Nordsee wurden in zwei unabhängigen Studien die Auswirkungen der Errichtung eines Meeresschutzgebietes auf dem britischen Teil der Doggerbank sowie die Auswirkungen des Klimawandels auf der niederländischen Insel Ameland bewertet. In der Ostsee wurden die Werte von Ökosystemdienstleistungen ermittelt, die von Seegras in der Danziger Bucht produziert werden. Dabei betrachten die Autoren besonders die praktischen Schritte, die zur Durchführung der Studien nötig sind. Sie stellen detailliert dar, wo interdisziplinäre Zusammenarbeit besonders kritisch ist und wie diese weiter verbessert werden kann, um die Bewertung von Ökosystemdienstleistungen im Meeres- und Küstenbereich insgesamt weiter zu verbessern.

Veröffentlichung:

Börger T., Böhnke-Henrichs A., Hattam C., Piwowarczyk J., Schasfoort F., Austen M.C. (2017) The role of interdisciplinary collaboration for stated preference methods to value marine environmental goods and ecosystem services. Estuarine, Coastal and Shelf Science. doi: 10.1016/j.ecss.2017.03.009

Ansprechpartner:

Tobias Börger, School of Geography and Sustainable Development, University of St Andrews, tb79@st-andrews.ac.uk

Die Bewertung von Ökosystemdienstleistungen im Meeres- und Küstenbereich erfordert interdisziplinäre Teams

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