Bis 2027 müssen alle Gewässer in der EU einen guten ökologischen Status erreichen. Aktuell sind wir jedoch noch weit davon entfernt, in Deutschland verfehlen 92 % der Flüsse und Seen dieses Ziel. Warum geht das also so schleppend? Entscheidungsträger*innen stehen vor der komplexen Aufgabe geeignete Maßnahmen auszuwählen und diese mit viele Interessen in Einklang zu bringen, wie etwa dem Anbau von Kulturpflanzen in den Flussauen, mit Dämmen zum Schutz vor Hochwasserereignissen, Tourismus oder mit dem Bedarf an Flächen für Wohnraum und Industrie. Mögliche Maßnahmen sind beispielsweise die Renaturierung einer Auenfläche mit dem Anschluss eines Altarms, das Anlegen eines Gewässerrandstreifens entlang eines Flusses oder das Einbringen von Kies. Die Darstellung der versorgenden, regulierenden und kulturellen Ökosystemleistungen kann dabei helfen die Vorteile und Nachteile von Renaturierungsmaßnahmen transparent zu machen.
Der Preiner Renaturierungsmaßnahme beginnt mit einer langen Liste von Maßnahmen der EU Wasserrahmenrichtlinie und der EU Hochwasserrisikomanagementrichtlinie, die für den deutschen Kontext im LAWA Blano Katalog gelistet sind. Wir haben die Maßnahmen zu 17 Gruppen zusammengefasst und diesen die jeweiligen potentiellen Auswirkungen auf 23 Ökosystemleistungen in einer Matrix gegenübergestellt.
Mit Hilfe unserer Matrix (Abb 1) ist es möglich auf einen Blick diejenigen Maßnahmen auszuwählen, die besonders viele positive Effekte auf unterschiedliche Ökosystemleistungen haben, oder diejenigen, die am wenigsten negative Auswirkungen haben. Hat man schon eine bestimmte Maßnahme im Blick kann deren Wert durch positive Synergieeffekte veranschaulicht werden. Das kann Entscheidungsträger*innen dabei helfen nicht nur die optimale Maßnahme auszuwählen, sondern zusätzlich die Akzeptanz für Renaturierungen in der Bevölkerung zu steigern.
Die Ergebnisse zeigen, dass viele Maßnahmen die Multifunktionalität der Auenlandschaft erhöhen, indem sie die Verfügbarkeit verschiedener Ökosystemleistungen verbessern. Besonders viele positive Effekte zeigten sich für die Maßnahmen Renaturierung von Auen (siehe Abb 2), die Bereitstellung von Habitaten für Flora und Fauna und eine hochwassermindernde Flächenbewirtschaftung. Da all diese Maßnahmen Fläche benötigen ist es naheliegend, dass in den intensiv landwirtschaftlich bewirtschafteten Auen negative Effekte auf die Menge der produzierten Lebensmittel zu erwarten sind. Allerdings würde die Bevölkerung stark durch Renaturierungen profitieren: das Landschaftsbild wird schöner und der Erholungswert steigt (es können Tiere und Pflanzen beobachtet und mehr Fische geangelt werden). Hochwasser und Dürren können durch eine intakte Auenfläche besser reguliert werden. Überschüssige Nährstoffe (Stickstoff, Phosphor) können in der renaturierten Fläche besser zurückgehalten werden, was die Selbstreinigungskraft des Flusses erhöht und auch das Klima kann durch das Speichern von Kohlenstoff profitieren.
Durch die innovative Kombination aus der Befragung von Experten und eines Literaturreviews konnten neben der Betrachtung der Maßnahmen auch Unsicherheiten und Wissenslücken herausgearbeitet werden, welche hauptsächlich bei der Retention von Nährstoffen und bei kulturellen Ökosystemleistungen auftreten.
Veröffentlichung
Lena K. Hornung, Simone A. Podschun & Martin Pusch (2019) Linking ecosystem services and measures in river and floodplain management, Ecosystems and People, 15:1, 214-231, Link zum Open Access Artikel: https://doi.org/10.1080/26395916.2019.1656287