Nationalparks als großflächige Schutzgebiete stehen für eine Reihe unterschiedlicher Ökosystemleistungen: Neben regulierenden und unterstützenden Leistungen (z.B. Biodiversitätserhalt, Grundwasserdargebot) stehen sie auch für kulturelle Ökosystemleistungen, indem sie vielfach als naturtouristische Destinationen und Ziele für Naherholung in Wert gesetzt werden. Bestehende Forschungen zu kulturellen Ökosystemleistungen deutscher Nationalparks konzentrieren sich oft auf die regionalwirtschaftlichen Auswirkungen des Tourismus. Dadurch wird ihre Rolle als wichtige Tourismusattraktionen in ländlichen Gebieten belegt. Diese Untersuchungen bieten jedoch nur einen unvollständigen Überblick zu dem gesamten Erholungswert eines Nationalparks, da sie sich ausschließlich auf die Ausgaben der Besucher vor Ort stützen. Dadurch wird lediglich ein Teilbereich des Erholungswertes abgedeckt, da die Reise- und Zeitkosten für die Anreise zu den Parks nicht berücksichtigt werden.
Um diese Forschungslücke zu schließen, wurde anhand empirischer Daten der Erholungswert von 14 der 16 deutschen Nationalparks mit Hilfe von Reisekostenmodellen ermittelt. Es handelt sich dabei um ein international etabliertes Verfahren zur Abschätzung des Erholungswertes, das erstmals für die deutschen Nationalparks angewandt wurde. Die Modellrechnungen basieren auf der Datengrundlage der mittlerweile für nahezu alle deutschen Nationalparks vorliegenden regionalökonomischen Wirkungsanalysen, die im Zeitraum zwischen 2004 und 2015 durchgeführt wurden. Diese repräsentativen Studien verwenden alle dieselbe Erhebungsmethodik, die es uns ermöglicht, insgesamt rund 25.000 Interviews für die Berechnung der Reisekostenmodelle zu verwenden.
Insgesamt zeigt sich je nach zu Grunde liegenden Modellannahmen eine gewisse Spannweite der Ergebnisse: Berücksichtigt man nur diejenigen Besucher, deren Reiseentscheidung durch den Schutzstatus der Nationalparks maßgeblich beeinflusst wurde, so liegt die Konsumentenrente der Erholung in deutschen Nationalparks in der Spannweite zwischen 385,3 und 621,8 Mio. Euro. Betrachtet man alle Nationalparkbesucher errechnet sich für die Parks sogar eine Konsumentenrente zwischen 1,690 und 2,751 Mrd. Euro.
Diese von deutschen Nationalparks ausgehenden, erheblichen Erholungswerte vermitteln drei wesentliche Botschaften: Erstens generieren diese strikten Schutzgebiete trotz der damit einhergehenden Nutzungsrestriktionen durch die Bereitstellung hochwertiger Freizeitmöglichkeiten im Bereich des Naturtourismus enorme Werte für die gesamte deutsche Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund liefern die Ergebnisse Argumente für das bestehende Nationalparksystem, weil sie gesellschaftliche Vorteile widerspiegeln, die sich nicht in adäquater Form in Geldflüssen niederschlagen. Zweitens ermöglicht der Erholungswert einen besseren Vergleich der deutschen Nationalparks in Bezug auf ihre Attraktivität für die Erholung, da die Reisekosten pro Kilometer in ganz Deutschland weitgehend konstant sind und nicht von z.B. unterschiedlichen regionalen Preisniveaus abhängen. Drittens erlauben die vorliegenden Reisekostenanalysen Vorhersagen über die Sensibilität von Parkbesuchern hinsichtlich sich ändernder Reisekosten, wie sie sich bei der aktuellen Debatte um zukünftige Mobilitätsformen einstellen könnten.
Verfasser:
Marius Mayer ist Juniorprofessor für Wirtschaftsgeographie und Tourismus an der Universität Greifswald.
Manuel Woltering ist akademischer Rat am Institut für Geographie und Geologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
Veröffentlichung
Mayer, M., Woltering, M. (2018): Assessing and valuing the recreational ecosystem services of Germany’s national parks using travel cost models. In: Ecosystem Services, online first: https://doi.org/10.1016/j.ecoser.2017.12.009