Christine Fürst

15. Januar 2018

geschrieben in Alle Neuigkeiten, ESP-DE Blog

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Ökosystemleistungen gelten heute als einer der relevantesten Ansätze um Landnutzungsentscheidungen, Planungsprozesse und die Gestaltung von Umweltpolitiken zu begleiten. Dazu muss man wissen, dass Ökosystemleistungen vor allem helfen, verschiedene Entscheidungsebenen, von der Land- und Forstwirtschaft über die Regionalplanung bis hin zu internationalen Politikprozessen miteinander zu verbinden und die ökologisch-ökonomischen Auswirkungen von Entscheidungen auf der jeweils über- oder untergeordneten Entscheidungsebene erfassbar machen. Allerdings besteht noch immer ein Problem darin, dass Ökosystemleistungen zwar auf internationaler und nationaler Politikebene eingeführt sind, jedoch bislang nur unzureichend in die Bewertung von Entscheidungen auf der regionalen oder lokalen Ebene einbezogen werden. Hier konkurrieren Ökosystemleistungen schlichtweg mit anderen tradierten oder als „wichtiger“ empfundenen Entscheidungskriterien, wie der Multifunktionalität und Nachhaltigkeit, oder rein sozio-ökonomischen Ansätzen wie Generierung von Einkommen, Wirtschaftswachstum oder Arbeitsplatzsicherheit. Vor allem regulierende Leistungen (Hochwasser, Dürre) und kulturelle Leistungen (Landschaftsschönheit) werden dadurch gegenüber bereitstellenden Leistungen (Biomasseproduktion) häufig als weniger relevant erachtet. Dennoch hat sich – als ein langfristiges Ergebnis der Nachhaltigkeitsdiskussion – die Erkenntnis entwickelt, dass Wechselbeziehungen zwischen Wirtschaft, Umwelt und sozialen Zielen berücksichtigt werden müssen, im internationalen Kontext insbesondere Wechselbeziehungen in der Versorgungssicherheit mit Nahrung, Wasser und Energie – kurz als „Nexus“ bezeichnet.  Unser Fachaufsatz diskutiert wie eine Integration zwischen dem Konzept der Ökosystemleistungen und dem Denken in Wechselbeziehungen (Nexus) erreicht werden kann und wie dies vor allem dazu beiträgt die Interaktionen zwischen Mensch und Natur von der lokalen bis zur globalen Ebene besser zu verstehen und damit auch bessere Entscheidungsgrundlagen zu liefern.

Unsere wichtigsten Empfehlungen bestehen darin, Instrumente, die auf verschiedenen Entscheidungsebenen greifen, intensiver aufeinander abzustimmen und zu harmonisieren. Die Entscheidungen wie intensiv z.B. Ackerstandorte oder Wälder genutzt werden, hängen stark von Marktmechanismen ab. Diese beinhalten unter anderem Ansätze, höhere Preise oder einen verbesserten Marktzugang durch Markenbildung oder Zertifizierung zu erreichen, sowie  Zahlungsmechanismen für die Vermeidung von Risiken oder die Bereitstellung von Ökosystemleistungen. Damit solche Mechanismen greifen, ist es essentiell von Seiten der Planung eine Priorisierung von Flächen vorzunehmen, die besonders hochwertig und daher vorrangig für staatliche und nicht-staatliche Förderinstrumente sind oder denen ein zertifizierter Status verliehen werden kann. Umgekehrt muss die Prüfung der Wirksamkeit von Umweltpolitiken und insbesondere von Förderungsinstrumenten beinhalten, wie sich eine stärkere Differenzierung in der Fläche auf die Wettbewerbsfähigkeit von Land- und Forstwirten auswirkt sowie auf andere betroffene politische Handlungsfelder wie dem Handel, dem Tourismus, der Industrie, der Wasserwirtschaft oder der Siedlungsflächenentwicklung.

Es ist daher essentiell, das Konzept der Ökosystemleistungen aktiv in standardisierte Prozesse der Vorprüfung von Entscheidungsalternativen zu integrieren wie sie die Politikfolgenvorabschätzung, die Strategische Umweltprüfung oder die Umweltverträglichkeitsprüfung bereits heute bieten. Gleichzeitig sollten standardisierte Verfahren der Bewertung von Ökosystemleistungen in Zertifizierungsprozessen oder Standards bei Marken für biologische / ökologische Produkte implementiert werden, um eine stärkere gesellschaftliche Wahrnehmung von Ökosystemleistungen als Argument bei Kaufentscheidungen nachhaltig produzierter land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse zu erreichen. Nur so kann gewährleistet werden, dass das hohe Potenzial von Ökosystemleistungen ausgenutzt werden kann, um das Zusammenspiel zwischen Landnutzung, Raumplanung und Politikgestaltung nachhaltig zu verbessern.

Veröffentlichung

Der Artikel ist im Kontext der Arbeit an Handlungsempfehlungen des Interstaatlichen Panels für Biodiversität und Ökosystemleistungen (IPBES) sowie als Ergebnis einer Reihe von Diskussionen in verschiedenen Workshops entstanden. Die Autoren sind Christine Fürst, Martin Luther Universität Halle-Wittenberg, Deutschland; Sandra Luque, IRSTEA, Frankreich und Davide Geneletti, Universität Trento, Italien. Sie finden den vollständigen Artikel hier: http://dx.doi.org/10.1080/21513732.2017.1396257.

Denken im Nexus – wie können Ökosystemleistungen dazu beitragen, das Zusammenspiel zwischen Landnutzung, Raumplanung und Politikgestaltung zu verbessern?

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