Emily Rall und Dagmar Haase

9. März 2017

geschrieben in ESP-DE Blog

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Zu den wichtigsten Ökosystemleistungen in Städten gehören kulturelle Leistungen wie Erholung, Natur erleben und erfahren, und Möglichkeiten zum soziale Begegnungen. Diese Leistungen haben eine große Bedeutung für Lebensqualität von Stadtbewohnern, und das nicht nur als Ausgleich zum Alltagsstress und Lärm, sondern auch als Ort für soziale Integration, Ortsbindung und Umweltbewusstsein. Der zunehmende „Run“ auf die Städte und Innenverdichtung bedrohen aber die „grünen Lungen“ der Städte und damit die Erfüllung dieser kulturellen Ökosystemleistungen. Das wurde bisher nur selten wissenschaftlich untersucht.

Im EU-FP7 Forschungsprojekt GREEN SURGE werden daher verschiedene Ansätze zur Planung und Implementierung von urbaner grüner Infrastruktur entwickelt, um die Stadtbevölkerung besser mit Ökosystemleistungen zu versorgen und zu verstehen, was Stadtbewohner an Stadtnatur besonders schätzen. Ein Teilbeitrag erkundete spezifisch kulturelle Ökosystemleistungen. Mit Hilfe einer internetbasierten Umfrage, einem sogenannten ‚Geo-Fragebogen‘, konnten Werte und Nutzungen von Grünflächen sowie Meinungen und Erfahrungen zu diverse Themen von vielen Berliner Bewohnern erfragt und räumlich verortet werden. Ziel der Studie war es, allgemeine Werte von kulturellen Ökosystemleistungen, Wahrnehmung von „gelieferten“ kulturellen Ökosystemleistungen Berliner Grünflächen sowie deren eigentliche Nutzung zu untersuchen und vor allem räumliche Muster zu erkennen.

Am Ende der dreimonatigen Onlineschaltung des Fragebogens im Internet (Oktober-Dezember 2013) hatten 562 Berliner teilgenommen und 1.716 Punkte in der Stadt markiert, wo sie kulturelle Ökosystemleistungen konsumieren. In diesen Orten waren insgesamt 5.470 kulturelle Ökosystemleistungen empfunden worden, während Erholung, Landschaft, sozialer Wert und Naturerfahrung am häufigsten vorkamen. Frauen waren die etwas aktiveren Teilnehmerinnen als die Männer (54.6% zu 45.4%). Die Mehrheit der Befragten war im mittlerem Alter und akademisch gebildet. Die Grünflächen wurden vor allem zur Entspannung (41.5%), aber auch für Spaziergänge (36.1%) aufgesucht, Zeit mit Freunden zu verbringen (30.6%), die Natur zu genießen (20.6%), Sport zu treiben (18.2%), die Grünfläche einfach als Wegabkürzung zu nutzen (18.2%), mit Kindern zu spielen (11.1%) und Hund(e) auszuführen (6%).

Das Eingangsschild des Tempelhofer Felds, wo eine besonders hohe Vielfalt an kulturellen Ökosystemleistungen gefunden wurde. Copyright: Emily Rall

Die Ergebnisse zeigen die vielschichtigen Beziehungen zwischen allgemeinen Wertschätzungen von kulturellen Ökosystemleistungen, der Wahrnehmung der Leistungsfähigkeit von Berlins Grünflächen und wie diese von den Berlinern genutzt werden. Es zeigen sich zwei verschiedene Gruppen von Nutzungen in den Parks: eine eher erholungsbasiert, mit Fokus auf sozialen Kontakten, und eine eher immateriell orientierte und an biologischer Vielfalt und Naturerfahrung interessierten Gruppe. Während die erste Gruppe eher die Grünflächen in der inneren Stadt aufsucht, findet sich die zweite im gesamten Berliner Raum eher verstreut. Die Ergebnisse zeigen zudem die Wichtigkeit von Parkanlagen und Wäldern in der Innenstadt im Vergleich zu ebenfalls dort befindlichen Sportanlagen und Gewässern.

Die Studie zeigt, dass man sich bei zukünftigen Untersuchungen vermutlich auf die Indikatoren der beiden klar herauskommenden Gruppen (Clustern) konzentrieren kann. Zudem kann weitere Forschung zeigen, wie sich beide Nutzergruppen und die verschiedenen Nutzungen gegenseitig beeinflussen. Gibt es Konkurrenz um Grünflächen und deren Werten und Nutzen in der Stadt? Die Ergebnisse zeigen auch, dass allgemeine Werte und Wahrnehmungen von empfundene kulturelle Ökosystemleistungen, sowie deren Wahrnehmung und ähnliche Nutzungen (z.B. soziale Wert und Zeit mit Freunden zu verbringen) sich manchmal differenzieren, so dass man diese Dinge vermutlich gezielt erfragen muss.

Inlineskaten, Radfahren, Kitesurfen, Joggen und Grillen sind auf dem Tempelhofer Feld besonders beliebt, aber es gibt auch etwas für Natur- und Hundeliebhabern, Copyright: Emily Rall

Ansprechpartner:

Emily Rall, Lehrstuhl für Strategie und Management der Landschaftsentwicklung, Technische Universität München, Emil-Ramann-Straße 6, 85354 Freising, e.rall@tum.de

Dagmar Haase, Geographisches Institut, Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, Germany oder Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Department Landschaftsökologie, Permoserstraße 15, 04318 Leipzig, dagmar.haase@ufz.de

Publikation:

Rall, E., Bieling, C., Zytynska, S., & Haase, D. (2017). Exploring city-wide patterns of cultural ecosystem service perceptions and use. Ecological Indicators, 77, 80–95. https://doi.org/10.1016/j.ecolind.2017.02.001

Bis 11. April 2017 freie Zugang unter https://authors.elsevier.com/a/1Ub0B,XRNLVCmD

Kulturelle Ökosystemleistungen in der Stadt im Fokus: räumliche Muster von Wahrnehmung, Werten und Nutzen

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