Dass Ökosystemleistungen in einem Gebiet bereitgestellt, und in einem anderen genutzt werden, ist seit längerem bekannt und wird in verschiedenen Disziplinen erforscht. Wenig untersucht ist jedoch der Umfang, in dem einzelne Länder verschiedene Ökosystemleistungen entfernter Regionen nutzen. Informationen dazu könnten eine Bereicherung etwa von nationalen Assessments darstellen. Das Thema interregionale Flüsse von Ökosystemleistungen bekommt auch besondere Aufmerksamkeit in den jetzt erscheinenden Berichten des Weltrates für Biodiversität und Ökosystemleistungen (IPBES).
In der interdisziplinären Arbeitsgruppe sTeleBES, die vom Synthesezentrum sDiv des Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) gefördert wurde, haben wir uns dieses Themas angenommen und die ersten Resultate nun in einer Studie in der Zeitschrift Ecosystem Services (open access) publiziert.
In einem konzeptionellen Framework fassen wir zusammen, welche Elemente wichtig sind um den Prozess interregionaler Flüsse von Ökosystemleistungen besser zu verstehen. Dazu gehören Treiber und Effekte dieser Flüsse in den sendenden und den empfangenden Systemen. Wir unterscheiden dabei vier verschiedene Typen von Flüssen: 1) gehandelte Güter, also z.B. Versorgungsleistungen wie Nahrungsmittel, 2) Migration und Verbreitung von Arten, beispielsweise die Bereitstellung von Ökosystemleistungen wie Schädlingsbekämpfung durch Zugvögel, 3) passive biophysikalische Flüsse, wie die Verminderung von Überflutungsrisiken, und 4) Informationsflüsse, wie die Information zu Ökosystemen und Arten.
Anhand von vier Beispielen erläutern wir das Framework: der Handel mit zertifiziertem Kaffee aus Kolumbien, der Zug von Spießenten, die zur Vogelbeobachtung und zur Jagd genutzt werden, zwischen den USA und Kanada, der Schutz vor Überflutungen entlang des Einzugsgebietes der Donau und Informationsströme über den Großen Panda von seinem Lebensraum im Wolong Reservat in China in verschiedene Gebiete der Erde.
Wir zeigen auf, warum es im Sinne der Nachhaltigkeit wichtig ist, interregionale Flüsse von Ökosystemleistungen zu berücksichtigen. Zum einen geht es um die gerechte Verteilung der Nutzen und Kosten zwischen Regionen. Durch den Anbau von Soja können z.B. in einer Region hohe Umweltkosten entstehen, während der Nutzen anderen Regionen zugutekommt. Zudem geht es um faire Verfahren, bei denen die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt werden, etwa bei der Bezahlung der Ökosystemleistungen. Effizienz ist ein Nachhaltigkeitskriterium, das durch interregionale Flüsse beeinflusst werden kann. So kann der Anbau und Transport von Agrargütern ressourcenschonender als der Eigenanbau innerhalb der Region sein. Auch Suffizienz spielt bei interregionalen Flüssen von Ökosystemleistungen eine Rolle. Dabei geht es um die Frage, wie viel an Ökosystemleistungen eigentlich nötig ist, um bestimmte Bedürfnisse zu erfüllen.
Das Thema wird im Rahmen der Arbeitsgruppe sTeleBES und der ESP Arbeitsgruppe „Global ecosystem service flows“ weiter bearbeitet.