Susanne Rewitzer

25. September 2017

geschrieben in ESP-DE Blog

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Was sind uns Landschaften wert? Wie können ihre Ökosystemleistungen in Entscheidungsfindungen einbezogen werden? Ökonomische Bewertungen können hierauf Antwort geben und gleichzeitig dabei helfen, dass die Leistungen der Natur vermehrt in politischen Diskussionen berücksichtigt werden. Gerade die Bewertung von kulturellen Ökosystemleistungen stellt hierbei allerdings eine Herausforderung dar und ist nicht unumstritten. In unserer Studie zu einer Kulturlandschaft bei Visp in den Walliser Alpen (Schweiz) (Abb. 1) zeigen wir, dass auch kulturelle Ökosystemleistungen ökonomisch bewertet werden können und nicht anders behandelt werden müssen als andere Ökosystemleistungen. Die Ergebnisse unserer Studie können außerdem einen Beitrag zur Landschafts- und Raumplanung in der Region leisten.

Abb. 1: Weidelandschaft in der Projektregion bei Visp

In unserer Studie (August bis Oktober 2013) untersuchten wir, was die Bewohner von Visp für potenzielle Veränderungen der dortigen Kulturlandschaft zu zahlen bereit sind. Mittels eines Choice Experiments wurden für drei kulturelle Ökosystemleistungen (landwirtschaftliches Erbe, Artenvielfalt und Landschaftsästhetik) sowie eine weitere Ökosystemleistung (Schutz vor Naturgefahren) monetäre Werte ermittelt. In einem Choice Experiment wählen die Befragten zwischen verschiedenen möglichen Szenarien, die durch verschiedene Attribute beschrieben werden. In unserer Anwendung stellten die Szenarien mögliche Landschaftsentwicklungen dar (siehe Abb. 2), die durch die folgenden Attribute beschrieben wurden. Die Angaben hinter den Pfeilen geben die gewählten Indikatoren wieder:

  • Landwirtschaftliches Erbe –> Anzahl der Landwirtschaftsbetriebe
  • Artenvielfalt –> Fläche an artenreichen Trockenwiesen und -weiden
  • Landschaftsästhetik –> dargestellt anhand von Visualisierungen, die durch Veränderungen der Landschaftselemente Wald, Grünland, Siedlung variiert wurden (siehe Abbildung)
  • Schutz vor Naturgefahren –> Anzahl der Schadereignisse innerhalb von 10 Jahren (z.B. Steinschläge, Erdrutsche, Lawinen oder Hochwasser)
Abb. 2: Beispiel eines Landschaftsszenarios

Die Studie zeigt, dass die Bevölkerung von Visp den Erhalt der Kulturlandschaft befürwortet. Sie sprechen sich für eine Erhaltung des landwirtschaftlichen Erbes (Anzahl der Höfe) aus und würden durchschnittlich 21 CHF mehr an Einkommenssteuern zahlen, um einen Hof zu erhalten. Innerhalb der Bevölkerung zeigte sich außerdem eine erhebliche Unterstützung für die Erhaltung von Trockenwiesen und -weiden und damit von Artenvielfalt. Im Durchschnitt sind die Befragten bereit, für die Erhaltung von 20 ha Trockenwiesen und -weiden eine Erhöhung ihrer jährlichen Einkommensteuerlast von ca. 132 CHF in Kauf zu nehmen. Für ein Naturgefahrenereignis weniger innerhalb von 10 Jahren würden sie freiwillig im Durchschnitt 49 CHF mehr Einkommenssteuern zahlen; und sogar 833 CHF mehr, wenn die Landschaftszersiedlung im Umland des Hauptortes Visp vermieden werden könnte. Auch für die Grünlandextensivierung konnten wir relevante Zahlungsbereitschaften ermitteln.

Methodisch zeigte die Studie, dass auch kulturelle Ökosystemdienstleistungen ökonomisch gewertet werden können. Voraussetzung dafür sind entsprechende qualitative Vorstudien, um herauszufinden, welche Ökosystemleistungen für die Bevölkerung wichtig sind und in welche Indikatoren sie „übersetzt“ werden können. Regionale und überregionale Bedeutung haben die Ergebnisse vor dem Hintergrund der Diskussionen um die Neufassung bzw. Änderung der nationalen Gesetze zur Raumplanung in der Schweiz.

Autorin

Susanne Rewitzer arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Umwelt- und Ressourcenökonomik an der Georg-August-Universität Göttingen. Begleitet wurde die Arbeit dort durch Prof. Dr. Jan Barkmann. Die Studie wurde unterstützt durch das Competence Center Environment and Sustainability (CCES) des ETH Bereichs, Schweiz und erstellt in bester Zusammenarbeit mit der Abt. für Planning of Landscapes and Urban Systems der ETH Zürich (Prof. Dr. Adrienne Grêt-Regamey) sowie der WSL (Dr. Robert Huber) im Rahmen des nationalen Schweizer Mountland II-Projekts.

Veröffentlichung

Rewitzer, S., Huber, R., Grêt-Regamey, A., & Barkmann, J. (2017): Economic valuation of cultural ecosystem service changes to a landscape in the Swiss Alps. In: Ecosystem services, 26, 197-208.

Die ökonomische Bewertung von kulturellen Ökosystemleistungen einer Kulturlandschaft im Schweizer Berggebiet

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