Lisanne Hölting

17. Dezember 2019

geschrieben in Alle Neuigkeiten, ESP-DE Blog

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Multifunktionalität kann nicht überall maximiert werden (Cord et al. 2017, Turkelboom et al. 2019). Die Kapazität mehrere Ökosystemleistungen gleichzeitig bereitzustellen ist auf bestimmten Flächen limitiert. Unsere neue Studie (Hölting et al. 2019, https://doi.org/10.1088/1748-9326/ab5ccb) in Environmental Research Letters zeigt zum Beispiel, dass dicht besiedelte Metropolen in Europa eine geringere Anzahl und Diversität an Ökosystemleistungen produzieren als weniger dicht besiedelte Flächen. Darüber hinaus zeigt unsere Studie, dass die Multifunktionalität von Gemeinden innerhalb von Europa einem Nord-Süd-Gradienten folgt (Abbildung 1). Ähnliche Nord-Süd-Gradienten wurden bisher z.B. von Stürck & Verburg (2017) dargestellt. Die Kapazität Ökosystemleistungen bereitzustellen, scheint also auch von klimatischen Faktoren beeinflusst zu sein.

Abb. 1: Alpha-Multifunktionalität in Europa, gemessen als Diversität von 18 Ökosystemleistungen auf Gemeindeebene (LAU2). Die verschiedenen Farben stellen die Variabilität von Alpha-Multifunktionalität in 10 Quantilen dar. Die zwei Abbildungen auf der rechten Seite, zeigen eine Nahaufnahme der Städte London und Paris.

Ein weiterer Grund dafür, warum die Multifunktionalität einer Fläche nicht überall maximiert werden kann, sind inhärente Trade-offs zwischen verschiedenen Ökosystemleistungen (insbesondere zwischen Bereitstellenden und Regulierenden Ökosystemleistungen, oder z.B. zwischen Ackerbau und Erholungspotential, Suppl. Material). Die Fragen, die sich für das Management von Ökosystemleistungen daher stellen, sind „Wo benötigen wir welche Ökosystemleistungen?“ und „Auf welcher Skala müssen wir ein bestimmtes Level von Multifunktionalität bereitstellen?“ Anstelle das Ziel zu verfolgen, alle Ökosystemleistungen überall zu maximieren, könnte es möglicherweise sinnvoll sein, nur wenige bestimme Ökosystemleistungen auf einer Fläche zu fördern, wenn diese innerhalb einer Region benötigt aber nicht bereitgestellt werden.

In unserer Studie stellen wir eine neue Methode zur Bewertung der Multifunktionalität über räumliche Skalen hinweg vor. Die Bewertung erfasst nicht nur die Vielfalt der innerhalb jeder Gemeinde erbrachten Ökosystemleistungen (alpha-Multifunktionalität), sondern auch den Beitrag jeder Gemeinde zur Vielfalt der Ökosystemleistungen auf regionaler Ebene (beta-Multifunktionalität).

Abbildung 2 stellt unsere Methode beispielhaft dar: vier Gemeinden (A – D) werden gezeigt, die alle zu einer gemeinsamen Region gehören. Vier Ökosystemleistungen werden in unterschiedlichen Kapazitäten von diesen Gemeinden zur Verfügung gestellt: „Food production“, „Timber production“, „Habitat quality“, „Recreation potential“. Alpha-Multifunktionalität, gemessen an der Diversität der Ökosystemleistungen (Gini-Simpsons Diversity Index) ist am höchsten in Gemeinde A. Gemeinde D stellt nur zwei der vier Ökosystemleistungen bereit und hat die geringste alpha-Multifunktionalität. Gemeinde D trägt jedoch signifikant zur Lebensmittelproduktion („Food production“) der gesamten Region bei und hat deswegen eine hohe beta-Multifunktionalität.

Abb 2: Darstellung einer skalenübergreifenden Methode zur Erfassung von Multifunktionalität: alpha- und beta-Multifunktionalität.

Unsere Methode kann auf verschiedenen Skalen angewandt werden. Wir veranschaulichen die Methode anhand eines europaweiten Datensatzes von 18 Ökosystemleistungen (Maes et al, 2015) auf Gemeinde (LAU2) und regionaler (NUTS3) Ebene. Darüber hinaus setzen wir alpha- und beta-Multifunktionalität mit der Intensität der Landnutzung (Land System Archetypes, Levers et al. 2018) in Beziehung und zeigen so, dass Managementsysteme mit geringer Intensität (z.B. „low intensity grassland areas“, „low intensity forests“, „fallow farmland“) die Multifunktionalität in ganz Europa unterstützen.

Insgesamt zeigen unsere Ergebnisse, dass wir unsere Landnutzungssysteme an die Kapazität der Flächen mehrere Ökosystemleistungen bereitzustellen anpassen müssen, um die Multifunktionalität der Ökosysteme zu erhöhen. Insbesondere Landnutzungssysteme mit geringer Intensität sind von zentraler Bedeutung für die Aufrechterhaltung mehrerer Ökosystemleistungen auf regionaler Ebene und benötigen eine besondere Berücksichtigung im Landschaftsmanagement. Anstatt alle Ökosystemleistungen in einem Indikator auf einer Skala zu aggregieren, muss die Bereitstellung besonderer (einzigartiger) Ökosystemleistungen innerhalb einer größeren Region besser berücksichtigt werden.

Autorin:

Lisanne Hölting, PhD student at the Department of Computational Landscape Ecology, Helmholtz Centre for Environmental Research. PhD title: “Multifunctionality of landscapes – an ecosystem service perspective”. https://www.ufz.de/index.php?en=42508

Publikation (Open Access)

Hölting, L., Jacobs, S., Felipe-Lucia, M.R., Maes, J., Norström, A., Plieninger, T., Cord, A.F., 2019c. Measuring ecosystem multifunctionality across scales. Environ. Res. Lett. https://doi.org/10.1088/1748-9326/ab5ccb
Download der Ergebnisse unter https://doi.org/10.25412/iop.10500872.v1

Zitierte Literatur:

Cord, A.F. et al, 2017. Towards systematic analyses of ecosystem service trade-offs and synergies: Main concepts, methods and the road ahead. Ecosyst. Serv., SI: Servicing ES-EcoSummit16 28, 264–272. https://doi.org/10.1016/j.ecoser.2017.07.012

Maes, J. et al, 2015. Mapping and Assessment of Ecosystems and their Services: Trends in ecosystems and ecosystem services in the European Union between 2000 and 2010. Publications Office of the European Union. https://doi.org/10.2788/341839

Stürck, J., Verburg, P.H., 2017. Multifunctionality at what scale? A landscape multifunctionality assessment for the European Union under conditions of land use change. Landsc. Ecol. 32, 481–500. https://doi.org/10.1007/s10980-016-0459-6

Turkelboom, F. et al, 2018. When we cannot have it all: Ecosystem services trade-offs in the context of spatial planning. Ecosyst. Serv., SI: Synthesizing OpenNESS 29, 566–578. https://doi.org/10.1016/j.ecoser.2017.10.011

Die Multifunktionalität von Gemeinden und Regionen in Europa: eine skalenübergreifende Analyse

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