24. April 2017

Passen Ökosystemleistungen und Nachhaltigkeit zusammen?


von Matthias Schröter

Das Konzept Ökosystemleistungen hat seinen Ursprung im Naturschutz. Es ging Biologen darum deutlich zu machen, welchen Wert Biodiversität dem Menschen liefert, sowohl in direkt genutzten als auch in ungenutzten Gebieten. Im Laufe der Jahre sind immer verschiedenere Formen der Naturnutzung unter dem Begriff Ökosystemleistungen zusammengefasst worden, ohne dass besonders auf den Naturschutzgedanken geachtet wurde. Beispiele sind Braunkohle, intensive Tierhaltung und Ackerbau oder der Abbau von Torf. Auch Ökotourismus kann negative Folgen auf Ökosysteme haben. Ein mehr an solchen Ökosystemleistungen ist daher nicht automatisch positiv zu bewerten.

Wir haben uns deshalb gefragt, wie Ökosystemleistungen mit einer anderen, alten Idee zusammenpasst: Nachhaltigkeit, also die Gerechtigkeit innerhalb ökologischer Grenzen auf lange Sicht. In einem nun erschienenen Artikel (Schröter et al. 2017, Ecosystem Services) diskutieren wir sieben Wege, die bei der Erfassung und beim Management von Ökosystemleistungen berücksichtigt werden sollten, wenn Nachhaltigkeit als Oberziel betrachtet wird.

Die sieben Strategien sind:

  1. Gerechte intergenerationale Verteilung: hierfür ist es wichtig auf den Erhalt von natürlichem Kapital zu achten, welches die Bereitstellung von Ökosystemleistungen für zukünftige Generationen sicherstellt.
  2. Gerechte intragenerationale Verteilung: Hier

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18. April 2017

Die Bewertung von Ökosystemdienstleistungen im Meeres- und Küstenbereich erfordert interdisziplinäre Teams


von Tobias Börger

Als Reaktion auf den stetig zunehmenden Bedarf, Umweltschutzmaβnahmen im Küsten- und Meeresbereich vor ihrer Einführung einer Kosten-Nutzen-Analyse zu unterziehen, steigt auch die Nachfrage nach ökonomischen Umweltbewertungsstudien. Dies ist z.B. für Maβnahmen der Fall, die unter der Meeresstrategierahmenrichtlinie der EU oder im Rahmen nationaler Meeresplanungsverfahren durchgeführt werden. Da jedoch viele der Auswirkungen von Umweltschutzmaβnahmen, wie beispielsweise der Schutz gewisser Tierarten oder die Bereitstellung von Ökosystemdienstleistungen, aus Sicht der Bevölkerung Wohlfahrtsgewinne generieren, die nicht in Märkten gehandelt werden und somit keine Preise haben, müssen alternative Methoden zur Bewertung dieser Maβnahmen verwendet werden. Von Umweltökonomen bereits seit Jahrzehnten angewandt und methodisch verfeinert, erfahren vor allem umfragegestützte Ansätze, namentlich die Kontingente Evaluierungsmethode und sogenannte Choice Experiments, mittlerweile auch in der Meeres- und Küstenforschung verstärkt Anwendung. Dabei wird eine repräsentative Stichprobe von Bürgern zu einem Meeres- oder Umweltschutzthema befragt. Teil der Befragung ist die Vorstellung einer konkreten Umweltschutzmaβnahme mitsamt einem Hinweis darauf, wie deren Umsetzung finanziert werden soll. Danach werden die Befragten gebeten, anzugeben, wieviel sie maximal bereit sind, für die Umsetzung dieser Maβnahme zu zahlen. In Choice Experiments wird alternativ gefragt, welcher M

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10. April 2017

Urbaner Doppelpass – Ökosystemdienstleistungen zum Schutz von Natur und menschlicher Gesundheit


von Dagmar Haase

Die Koexistenz zwischen Mensch und Natur in der Stadt gerät zunehmend in den Blickpunkt moderner Nachhaltigkeits- und Gesundheitsdebatten. Stadtnatur ist besonders: vom Menschen seit Jahrhunderten geprägt, verdrängt und designed. Städtische Ökosysteme erhalten den Menschen gesund, verschaffen ihm Freude und Erholung. Und Stadtnatur ist gleichzeitig in Gefahr durch das weitere Wachstum und die aktuelle Verdichtung der Städte und die vielfältigen Ansprüche der Städter an „ihren“ Raum.

Urbane Ökosystemdienstleistungen beschreiben Funktionen, welche von der Stadtnatur erbracht und die von den Bewohnern bewusst und unbewusst genutzt werden. Sie können monetär und nicht-monetär bewertet werden. Beispiele sind die Bereitstellung von Süß- und Trinkwasser durch Niederschlag und natürliche Filtration der Böden, die Regulierung von Abflussspitzen bei Extremniederschlägen und die dadurch erfolgende Minderung von Hochwässern im Stadtgebiet, die Produktion von Obst oder Gemüse in urbanen (Klein-)Gärten, das Bestäuben von Obstblüten durch Stadtbienen oder die Bereitstellung von kühler und unbelasteter Luft auf Frei- und Erholungsflächen. Die Bewertung von Ökosystemdienstleistungen erfolgt einerseits hinsichtlich ihres Leistungspotenzials, das menschliche Wohlbefinden positiv zu beeinflussen, z.B. durch Wahrnehmungs- oder Präferenzstudien.

Studien in Leipzig haben gezeigt, dass Grünflächen wie Parks oder Auenwiesen zur Abkühlung der Luft bis zu 3°C be

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3. April 2017

Auf dem Weg zu einem Ökosystem-Assessment für Deutschland


von Matthias Schröter @matthiasschr und Christian Albert @Dr.Chr.Albert

In nationalen Ökosystem-Assessments erfassen und bewerten Länder den Zustand ihrer Ökosysteme und der Ökosystemleistungen, die diese bereitstellen. Prominente Beispiele für solche umfassenden Berichte gibt es zum Beispiel für das Vereinigte Königreich, Spanien und für die belgische Region Flandern. Die EU-Biodiversitätsstrategie hält die Mitgliedsstaaten dazu an, Ökosystemleistungen zu erfassen und zu bewerten. Deutschland hat bisher kein solches umfassendes Assessment.

Von Mitgliedern der Arbeitsgruppe Erfassen und Bewerten des Innovationsnetzwerkes Ökosystemleistungen (ESP-DE) ist nun ein gemeinsamer Artikel zum Thema erschienen (Albert et al. 2017, GAIA). Darin stellen die AutorInnen die Ergebnisse einer nationalen Machbarkeitsstudie für ein Assessment vor und diskutieren Vorteile und Hindernisse eines solchen Prozesses. Ein nationales Ökosystem-Assessment könnte Informationen zusammentragen, die politisch relevant sind und Entscheidungen informieren können zum Management von Biodiversität, Ökosystemleistungen und deren Effekte auf menschliches Wohlbefinden. In verschiedenen Modulen könnte übergreifend gearbeitet werden. Basismodule spannen den konzeptionellen Rahmen, verschiedene wissenschaftliche Module untersuchen dann Triebkräfte für den Verlust von Biodiversität, oder die Änderung von Ökosystemleistungen über die Zeit, Zielkonflikte zwisc

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27. März 2017

Ein Konzept, viele Perspektiven – eine Analyse der verschiedenen (wertebasierten) Verständnisse von Ökosystemdienstleistungen


von Verena Hermelingmeier

Das Konzept der Ökosystemdienstleistungen (Ecosystem Services) findet Anwendung in vielen Forschungsbereichen und erfreut sich immer größerer Beliebtheit in der Forschungsgemeinschaft. Doch was ist Kern dieses allseits verwendeten Konzepts und gibt es ein gemeinsames Verständnis darüber, was es bedeutet, wozu es dient, wie es angewendet wird? In unserem Artikel „Identifying Five Different Perspectives on the Ecosystem Services Concept Using QMethodology“, beschreiben wir eine Analyse verschiedener Perspektiven auf das Konzept der Ökosystemdienstleistungen mithilfe der QMethodologie.

Durch einen Mix aus qualitativer Erhebung von sogenannten Qsorts – der Sortierung verschiedener Aussagen zu Ökosystemdienstleitungen nach ihrer Bedeutung für den jeweiligen Teilnehmer – und deren quantitativer Auswertung mithilfe des statistischen Programms R, konnten wir fünf verschiedene Perspektiven ermitteln und benennen. Sie unterscheiden sich insbesondere in wertebasierten Aspekten – hat Natur einen intrinsischen Wert? Ist eine utilitaristische Herangehensweise sinnvoll? Inwiefern kann man Natur einen monetären Wert zuschreiben? Wir konnten also eindeutige Unterschiede

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