13. November 2019

Grüne Freiräume in heterogenen Quartieren sowie Chancen ihrer kooperativen Entwicklung: Wie sind diese Debatten bislang verknüpft und welche offenen Fragen gibt es?


von Annegret Haase & Anika Schmidt

Die Debatte zur Rolle und Funktion urbaner Frei- und Grünräume im Quartier hat in den letzten Jahren an Perspektiven gewonnen und ist sowohl thematisch als auch hinsichtlich der theoretisch-konzeptionellen Zugänge vielschichtiger geworden (u.a. Kowarik et al. 2016). Debatten, welche von der Perspektive der Stadtökologie auf Freiräume schauen, nehmen sozialwissenschaftliche Erkenntnisse stärker in den Blick, wogegen in der sozialwissenschaftlichen Forschung Themen wie Natur und Biodiversität „entdeckt werden“. Schritt für Schritt entwickelt sich hier eine integrative Perspektive. Damit rücken auch kritische Aspekte – wie die der Umweltgerechtigkeit und der Rolle von Freiräumen im Kontext der Teilhabe – mehr in den Vordergrund. Diese Debatten und Ansätze sollten ausgebaut werden, denn wenig bis unreflektierte Vermutungen zum grundsätzlich positiven Effekt von Stadtgrün und Begrünung für das soziale Miteinander sind nach wie vor weit verbreitet. Insbesondere werden Aspekte der sozialräumlichen Ungleichheit, ungleiche Zugangs-, Verteilungs- und Machtlogiken kapitalistischer Marktbedingungen und die Bedingungen multipler Benachteiligung noch zu wenig mitgedacht. Es gibt einerseits viele Vermutungen über die positiven Effekte von städtischem Grün, also urbaner grüner Infrastruktur, für den städtischen Sozialraum bzw. den sozialen Zusammenhalt. Andererseits werden Probleme, Ambivalenzen oder Konflikte – besonders Zielkonflikte zwischen ökologischer A

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4. November 2019

Auswirkungen von Gewässerrenaturierungsmaßnahmen auf Ökosystemleistungen


von Lena Hornung und Simone Podschun

Bis 2027 müssen alle Gewässer in der EU einen guten ökologischen Status erreichen. Aktuell sind wir jedoch noch weit davon entfernt, in Deutschland verfehlen 92 % der Flüsse und Seen dieses Ziel. Warum geht das also so schleppend? Entscheidungsträger*innen stehen vor der komplexen Aufgabe geeignete Maßnahmen auszuwählen und diese mit viele Interessen in Einklang zu bringen, wie etwa dem Anbau von Kulturpflanzen in den Flussauen, mit Dämmen zum Schutz vor Hochwasserereignissen, Tourismus oder mit dem Bedarf an Flächen für Wohnraum und Industrie. Mögliche Maßnahmen sind beispielsweise die Renaturierung einer Auenfläche mit dem Anschluss eines Altarms, das Anlegen eines Gewässerrandstreifens entlang eines Flusses oder das Einbringen von Kies. Die Darstellung der versorgenden, regulierenden und kulturellen Ökosystemleistungen kann dabei helfen die Vorteile und Nachteile von Renaturierungsmaßnahmen transparent zu machen.

Der Preiner Renaturierungsmaßnahme beginnt mit einer langen Liste von Maßnahmen der EU Wasserrahmenrichtlinie und der EU Hochwasserrisikomanagementrichtlinie, die für den deutschen Kontext im LAWA Blano Katalog gelistet sind. Wir haben die Maßnahmen zu 17 Gruppen zusammengefasst und diesen die jeweiligen potentiellen Auswirkungen auf 23 Ökosystemleistungen in einer Matrix gegenübergestellt.

Mit Hilfe unserer Matrix (Abb 1) ist es möglich auf einen Blick diejenigen Maßnahmen auszuwählen, die besonders viele positive Effekte auf unters

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16. Oktober 2019

Weit entfernte und bedrohte Ökosysteme stellen wichtige kulturelle Ökosystemleistungen für Deutschland und die Niederlande bereit


von Roland Krämer (@RolKraemer) und Matthias Schröter (@MatthiasSchr)

Ökosystemleistungen (ÖSL), von denen eine bestimmte Region profitiert, werden häufig von weit entfernten Gebieten erbracht. Ein klassisches Beispiel sind Agrarprodukte aus Übersee (z.B. Soja, Palmöl) oder die globale Klimaregulierung. Konsum in einer Region hat Auswirkungen auf eine andere, und Landnutzungsänderungen dort können wiederum Auswirkungen auf profitierende Regionen haben. Dieses sogenannte Telecoupling zwischen Regionen wurde jedoch bislang für die schwer quantifizierbaren immateriellen bzw. kulturellen ÖSL kaum untersucht (siehe dazu auch Blogbeitrag vom 26.03.2018).

In einer Studie in der Zeitschrift Ambio haben wir uns dieser Problematik angenommen und beispielhaft für zwei kulturelle ÖSL untersucht, die durch bestimmte Arten oder Artengruppen erbracht werden – den zugeschriebenen Existenz-/Vermächtniswert und die Vogelbeobachtung als physische Interaktion.

Um sich dem Existenzwert von Arten quantitativ zu nähern, haben wir uns, beispielhaft für Deutschland und die Niederlande als wertzuschreibende Länder, vierzig Jahresberichte von bedeutenden Naturschutzorganisationen angeschaut und alle Vogel- und Säugetierarten identifiziert, die in Verbindung mit Naturschutzaktivität

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1. Oktober 2019

Neues Handbuch zum Thema „Landschaftsplanung mit Ökosystemleistungen“ erschienen


von Ingrid Albert

Das menschliche Wohlergehen ist in vielerlei Hinsicht davon abhängig, inwiefern es uns gelingen wird, Natur und Landschaft so zu entwickeln, dass die Biodiversität geschützt, die Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts gesichert und das Dargebot an Ökosystemleistungen erhalten bleibt. Besonders bedroht sind oft die öffentlichen Güter und Leistungen, deren Werte auf den Märkten nicht gut repräsentiert sind oder deren Rückgang nur zukünftige Generationen betrifft. Da Marktmechanismen allein aber nicht ausreichend effektive Mittel sind, um die natürlichen Ressourcen und das Dargebot an Ökosystemleistungen zu sichern, bedarf es ökologisch-orientierter räumlicher Planung, um Landnutzungen strategisch zu koordinieren und zukunftsfähige Landschaftsstrukturen zu entwickeln.

Eine engere Verzahnung von Landschaftsplanung und Ökosystemleistungskonzept kann an dieser Stelle dazu beitragen, Wege zu finden, wie sich eine nachhaltigere Entwicklung von Natur und Landschaft gestalten lässt. Dabei ergeben sich vielfältige wertvolle Synergien: So bestehen die Stärken der Landschaftsplanung darin, das Angebot an Ökosystemleistungen sowie mögliche Konflikte zu identifizieren und Planungsvorschläge zu entwickeln, während das Ökosystemleistungskonzept den Zusammenhang zwischen dem Zustand von Natur und Landscha

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25. Juli 2019

Über den Zusammenhang zwischen Gerechtigkeitsempfinden und Aufforstung


von Jens Rommel, Swedish University of Agricultural Sciences & Stefan Gehrig (unabhängiger Wissenschaftler, Berlin)

Der Schutz tropischer Wälder kann einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels und zur Erhaltung der Artenvielfalt leisten. LandnutzerInnen im Rahmen von Programmen für den Schutz des Waldes zu bezahlen (Payments for Ecosystem Services, REDD+) ist zunehmend populär, vor allem dort, wo Armut die (Über-)Nutzung natürlicher Ressourcen bedingt. Die Art der Zahlung kann jedoch das Gerechtigkeitsempfinden und die Motivation einen Beitrag zum Erhalt der Wälder zu leisten, beeinflussen.

Ist es gerechter, LandnutzerInnen für den Schutz des Waldes einheitlich und pauschal zu bezahlen? Oder soll man lieber nach dem Aufwand oder dem Zustand des Waldes bezahlen? Dieser Frage sind wir in einem Experiment mit mehr als 250 DorfbewohnerInnen in ländlichen Regionen Nordvietnams nachgegangen.

In unserem ökonomischen Experiment hatten TeilnehmerInnen 45 Minuten Zeit, um Substrate (kleine Beutel mit humusreicher Erde zur Anzucht von Bäumen) vorzubereiten (siehe Abbildung 1). Diese Substrate wurden später tatsächlich zur Aufforstung genutzt. Für diese Tätigkeit wurden TeilnehmerInnen auf vier verschiedene Arten bezahlt (TeilnehmerInnen konnten dabei in etwa einen für die Region üblichen Tageslohn verdienen). Für einige TeilnehmerInnen hing die Bezahlung vom eigenen Arbeitsaufwand ab (Akkordlohn, merit in Abbildung 2), für andere nicht (Pauschale, fixed in Abbildung 2). Einige TeilnehmerInnen starteten bereits mit einigen Substraten, an

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